Am 11. Juni 2021 hat der Deutsche Bundestag mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG) eine neue Pflegereform beschlossen. Eine Tarifbezahlung für angestellte Pflegekräfte und weniger Eigenanteile in der stationären Versorgung sind gefordert. Aber auch im Bereich der häuslichen Pflege sollen Verbesserungen in Form von finanzieller Entlastung geschaffen werden.
Zum 01. Januar 2022 sind nun einige der beschlossenen Änderungen in Kraft getreten. Welche das genau sind, erfahren Sie im Folgenden. Jetzt mehr lesen!
Erhöhung der Pflegesachleistungen
Wenn Sie für die Pflege zu Hause einen Pflegedienst beauftragt haben, profitieren Sie von der neuen Pflegereform. Denn: Die Beträge für Pflegesachleistungen (§ 36 SGB XI) wurden seit dem 01. Januar 2022 um 5 Prozent erhöht.
In Zahlen ergibt sich durch die Leistungserhöhung je nach Pflegegrad folgende Aufstellung:
Pflegegrad | Betrag bis 31.12.2021 (monatlich) |
Betrag ab 01.01.2022 (monatlich) |
1 | – | – |
2 | 689 € | 724 € |
3 | 1.298 € | 1.363 € |
4 | 1.612 € | 1.693 € |
5 | 1.995 € | 2.095 € |
Übrigens:
Seit dem 01. Januar 2022 können Sie bis zu 40 Prozent nicht genutzter Pflegesachleistungen für Entlastungsleistungen nutzen, ohne vorher einen Antrag bei der Pflegekasse stellen zu müssen. Dieser Schritt entfällt nun mit dem neuen GVWG. Um die Kosten erstattet zu bekommen, müssen Sie nur die entsprechenden Belege vorlegen.
Hinweis: Für das Pflegegeld sind für das Jahr 2022 keine Beitragserhöhungen vorgesehen. Wenn Sie also statt eines professionellen Pflegedienstes eine ehrenamtlich tätige Person für die häusliche Versorgung beauftragen, haben Sie leider in dieser Hinsicht keine Vorteile durch die Pflegereform.
Mehr Geld für Kurzzeitpflege
Neben der Erhöhung von Pflegesachleistungen um 5 Prozent wurde auch der Betrag für die Kurzzeitpflege (§42 SGB XI) um 10 Prozent angehoben.
In Zahlen sieht die Beitragserhöhung folgendermaßen aus:
Pflegegrad | Betrag bis 31.12.2021 (jährlich) |
Betrag seit 01.01.2022 (jährlich) |
1 | – | – |
2-5 | 1.612 € | 1.774 € |
Wenn Sie die Kurzzeitpflege mit den Leistungen der Verhinderungspflege kombinieren möchten, stehen Ihnen seit Januar 2022 somit bis zu 3.386 € zur Nutzung zur Verfügung.
Wie und unter welchen Umständen Sie die Leistungen der Kurzzeitpflege und der Verhinderungspflege kombinieren können, erfahren Sie in unserem Beitrag zum Thema:
Übrigens:
Sie müssen keinen Antrag auf die Beitragserhöhungen für Pflegesachleistungen oder die Kurzzeitpflege stellen – die Anhebung der Beträge geschieht automatisch für alle Pflegebedürftigen ab Pflegegrad 2, die diese Leistungen beziehen.
Änderungen in Pflegeeinrichtungen
Neben den Änderungen in der häuslichen und Pflege treten seit dem 01. Januar 2022 auch Neuerungen im Bereich der stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen in Kraft. Wir haben die wichtigsten Änderungen für Sie zusammengefasst:
Eigenanteile für Versorgung im Heim gesenkt
Die Eigenanteile für die Versorgung von Pflegebedürftigen im Heim steigen von Jahr zu Jahr. Seit dem 01. Januar 2022 zahlt daher die Pflegeversicherung einen Zuschlag für die Pflegekosten bei der Versorgung im Pflegeheim. Der Leistungszuschlag gilt für Heimbewohner mit den Pflegegraden 2 bis 5 und steigt mit der Dauer der Versorgung. So sieht die Staffelung der Zuschüsse in Prozenten aus:
- 5 Prozent Zuschlag nach mehr als einem Monat
- 25 Prozent Zuschlag nach mehr als 12 Monaten
- 45 Prozent Zuschlag nach mehr als 24 Monaten
- 70 Prozent Zuschlag nach mehr als 36 Monaten
Auch hier gilt: Sie müssen den Leistungszuschlag nicht bei der Pflegekasse beantragen. Stattdessen stellt das Heim den entsprechenden Zuschlag direkt bei Ihrer Pflegekasse in Rechnung.
Achtung: Für Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 besteht kein Anspruch auf die Leistungszuschläge. Sie müssen den Eigenanteil nach wie vor in voller Höhe zahlen.
Übrigens: Auch Monate, in denen Ihr Angehöriger nur zeitweise im Heim versorgt wird, werden von der Pflegekasse voll bezuschusst.
Bessere Entlohnung für Pflegepersonal
Seit dem 01. September 2021 werden nur noch solche Pflegeeinrichtungen für die Abrechnung mit der Pflegeversicherung zugelassen, die ihr Pflege- und Betreuungspersonal nach Tarif oder nach kirchenarbeitsrechtlichen Regelungen bezahlen.
Sie wollen mehr zu diesem Thema erfahren? In einem weiteren Beitrag finden Sie weitergehende Infos zu den Veränderungen für die stationäre Pflege und für angestellte Pflegekräfte:
Kostenerstattung nach Tod des Pflegebedürftigen
Bisher war es so, dass vorfinanzierte Leistungen der Pflegeversicherung nach dem Tod eines pflegebedürftigen Angehörigen nicht mehr erstattet wurden.
Mit dem neuen Gesetz soll es nun möglich sein, bestimmte Pflegeleistungen von der Pflegeversicherung zurückfordern.
Somit können Sie zum Beispiel Leistungen der Verhinderungspflege, des Entlastungsbetrags sowie Kosten für Pflegehilfsmittel innerhalb von 12 Monaten nach dem Versterben Ihres pflegebedürftigen Angehörigen von der Pflegekasse erstattet bekommen. Auch wohnumfeldverbessernde Maßnahmen zählen zu den Leistungen, die Sie nach dem Tod erstattet bekommen.
Hinweis: Sie können nur solche Leistungen geltend machen, die Sie vor dem Tod Ihres Angehörigen in Anspruch genommen haben.
Empfehlung für Pflegehilfsmittel durch Pflegekräfte
Im Zuge des neuen Gesetzes dürfen qualifizierte Pflegekräfte ihren Patienten nun Empfehlungen für Pflegehilfsmittel geben, die sie dann später ihrem Antrag bei der Pflegekasse beifügen können. Eine ärztliche Verordnung ist damit nicht mehr notwendig. Damit die Empfehlung aber gültig ist, darf Sie zum Zeitpunkt, an dem Sie den Antrag stellen, nicht älter als 14 Tage sein.
Was alles zu Pflegehilfsmitteln zählt, ob Sie Anspruch darauf haben und wie Sie die Kosten über Ihre Pflegekasse abrechnen können, können Sie in unserem Beitrag nachlesen:
Neu: Übergangspflege im Krankenhaus
Seit dem 01. Januar 2022 wurde eine neue Leistung im Bereich der Pflege eingeführt – die Übergangspflege im Krankenhaus (§ 39e SGB V).
Wenn nach einem Krankenhausaufenthalt Ihres Angehörigen kein Platz in einer Einrichtung der Kurzzeit- oder Tagespflege frei ist und Sie keinen Anspruch auf Leistungen der häuslichen Krankenpflege oder Pflegeleistungen haben, können Sie die Übergangspflege im Krankenhaus nutzen.
Bis zu zehn Tage pro Krankenhausbehandlung kann Ihr Angehöriger so im Krankenhaus weiter versorgt werden und Sie haben mehr Zeit, um die anschließende Versorgung zu organisieren.
Tipp von Pflegix:
Wenn Sie mehr über die Möglichkeiten der Übergangspflege wissen möchten oder Ihren Anspruch prüfen wollen, wenden Sie sich am besten an den Sozialdienst des Krankenhauses, in dem Ihr pflegebedürftiger Angehöriger behandelt wird.
Wichtig für den Antrag:
Für die Übergangspflege im Krankenhaus ist nicht die Pflegekasse, sondern die Krankenkasse zuständig. Stellen Sie daher den Antrag auf eine Übergangspflege direkt bei Krankenkasse Ihres pflegebedürftigen Angehörigen.
Fazit: Ab 2022 soll Pflege finanzierbarer und besser entlohnt werden
Einige Neuerungen der Pflegereform sind mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung am 01. Januar 2022 in Kraft getreten. In diesem Beitrag haben wir die wichtigsten Neuerungen im Bereich der ambulanten Versorgung und der stationären Pflege aufgezeigt.
Hier noch einmal die wichtigsten Punkte im Überblick:
- Anhebung der Beträge für Pflegesachleistungen um 5 Prozent
- Erhöhung der Leistung für Kurzzeitpflege um 10 Prozent
- Höhere Zuschüsse für die Pflegekosten bei der Versorgung im Pflegeheim
- Bessere Bezahlung des Pflegepersonals (nach Tarif)
- Anspruch auf Kostenerstattung von Pflegeleistungen nach Tod des Pflegebedürftigen
- Empfehlung für Pflegehilfsmittel durch Pflegekräfte statt ärztlicher Verordnung
- Übergangspflege im Krankenhaus bis zu 10 Tage möglich
Über weitere Änderungen im Zuge der Pflegereform halten wir Sie regelmäßig auf dem Laufenden.
Sie suchen noch nach einer passenden Hilfe für die häusliche Pflege oder Betreuung Ihrer Angehörigen? Bei Pflegix finden Sie motivierte Helfer, die Sie unterstützen – ganz nach Ihrem individuellen Bedarf. Bei Fragen steht Ihnen außerdem unser freundliches Care-Team montags bis freitags von 08.30 Uhr bis 17 Uhr über den WhatsApp-Messenger zur Verfügung.
Quellen:
- Bundesministerium für Gesundheit: Bundestag beschließt Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/presse/pressemitteilungen/2021/2-quartal/gvwg.html
- Verbraucherzentrale: Die neue Pflegereform und was Sie dazu wissen sollten
- AOK – Die Gesundheitskasse: Pflegereform: Auswirkungen des GVWG ab 2022
https://www.aok.de/gp/news-pflege/newsdetail/pflegereform-auswirkungen-des-gvwg-ab-2022