Ein Pflegefall in der Familie stellt alle Beteiligten vor neue Herausforderungen. Hier erfahren Sie, welche Bedeutung ein Pflegefall hat, welche Auswirkungen durch den Pflegefall auf das Vermögen entstehen und welche neuen Rechte Angehörige haben.
Welche Bedeutung hat ein plötzlicher Pflegefall?
Ein Pflegefall innerhalb der Familie kann jederzeit auftreten, z. B. durch einen Unfall, Schlaganfall oder plötzliche Verschlechterung einer chronischen Erkrankung, wie Demenz. Liegt Pflegebedürftigkeit vor, also eine gesundheitliche Beeinträchtigung der Selbständigkeit, braucht der Pflegebedürftige Unterstützung, um seinen Alltag weiterhin meistern zu können.
4 Tipps bei Eintritt eines plötzlichen Pflegefalls
Da ein plötzlicher Pflegefall, z. B. eines Elternteils, Angehörige vor neue Herausforderungen stellt und eine starke Belastung sein kann, ist es wichtig, schnell alle wichtigen Angelegenheiten bezüglich der Pflege zu regeln.
Tipp 1: Pflegegrad beantragen
Ein Pflegegrad kann bei der zuständigen Pflegekasse des Pflegebedürftigen beantragt werden. Durch Zuordnung eines Pflegegrads kann Unterstützung in Form von Pflegegeld oder von Pflegesachleistungen ermöglicht werden. Die Pflegekasse nimmt anhand des vorhandenen Pflegebedarfs eine Einteilung in einen Pflegegrad vor. Bei der Beurteilung des Pflegebedarfs kann ein Pflegetagebuch nützlich sein, in dem Angehörige dokumentieren, welche Unterstützung sie leisten müssen.
Tipp 2: Wahl einer Pflegeform
Wenn der Pflegebedürftige nicht mehr allein im Stande ist, seinen Alltag zu bewältigen, muss die Pflege und Betreuung organisiert werden.
Ist der Pflegebedürftige bereits einem Pflegegrad zugeordnet und erhält Leistungen aus der Pflegekasse, können diese z. B. dazu verwendet werden die Verhinderungspflege zu finanzieren, die eine Entlastung des pflegenden Angehörigen ermöglicht.
Falls Angehörige von der Pflege überfordert sind und diese zeitlich oder finanziell nicht aufbringen können, bedeutet dies nicht automatisch, dass der Pflegebedürftige in ein Pflegeheim ziehen muss. Es gibt Alternativen zum Pflegeheim, wie beispielsweise die Tagespflege oder die 24-Stunden-Pflege.
In jedem Fall sollte mit allen Beteiligten nach einer Lösung gesucht werden, die die Wünsche des Pflegebedürftigen, aber auch die finanziellen Möglichkeiten und Belastbarkeiten der Angehörigen berücksichtigt.
Tipp 3: Gesetzliche Vertretungen des Pflegebedürftigen regeln
Falls noch nicht geschehen, muss über die Erstellung einer Betreuungs- bzw. Vorsorgevollmacht nachgedacht werden. Diese stellt sicher, dass bei einer Handlungsunfähigkeit des Pflegebedürftigen, Bevollmächtigte die Befugnis haben in dessen Namen zu handeln und ihn gesetzlich zu vertreten.
Tipp 4: Aufgaben verteilen und Hilfsangebote wahrnehmen
Wurde als Pflegeform die Angehörigenpflege gewählt, muss genau definiert werden, wer welche Aufgaben übernimmt und wer wann für die Pflege zuständig ist. Sollte Beratung nötig werden oder eine Überforderung pflegender Angehöriger eintreten, können Beratungsangebote wahrgenommen werden.
Pflegestützpunkte oder auch die Pflegekasse können mit einer Beratung helfen, die nächsten Schritte der Pflege zu planen und Möglichkeiten aufzuzeigen, die Pflege zu finanzieren und den Alltag zu erleichtern.
Falls Angehörige auf der Suche nach Hilfe sind, kann möglicherweise bei einem akuten Pflegefall der Nachbar einspringen – das kann über Pflegix organisiert werden. Die Online-Plattform vermittelt Helfer, z. B. in Form einer freiberuflichen Pflegekraft oder einer Haushaltshilfe für Pflegebedürftige.
Rechte der Angehörigen bei plötzlichem Pflegefall
Tritt ein plötzlicher Pflegefall ein, haben Angehörige bestimmte Rechte. So können sie z.B. eine Pflegezeit oder Familienpflegezeit beantragen, um ihren Angehörigen in häuslicher Umgebung zu pflegen. Auch eine kurzzeitige Auszeit von der Arbeit ist möglich, um die Organisation der Pflege festzulegen und sich auf die neue Situation einstellen zu können. Erfahre mehr, wie pflegende entlastet werden.
Wie wirkt sich ein Pflegefall auf mein Vermögen aus?
Unter Umständen reicht das Einkommen bzw. die Rente des Pflegebedürftigen nicht für die Finanzierung der Pflege aus. Auch Pflegegeld oder Pflegesachleistungen können z. B. einen Platz im Pflegeheim nicht vollständig finanzieren, sodass weitere Hilfe nötig wird.
Ist das Einkommen und Vermögen im Pflegefall aufgebraucht, bedeutet dies aber nicht zwangsläufig, dass Eigentum, wie z. B. das eigene Haus verkauft werden muss, um die Pflege zu finanzieren. Man spricht dann von Schonvermögen.
Elternunterhalt
Wenn die Eltern zum Pflegefall werden und die entstandenen Pflegekosten nicht mehr selber tragen können, sind die Kinder zur Zahlung von Elternunterhalt verpflichtet. Falls Eltern zum Pflegefall werden, wird zunächst geprüft, inwieweit die Kinder im Stande sind, Unterhaltszahlungen zu leisten.
Ist der Unterhaltspflichtige nicht leistungsfähig, muss er im Pflegefall der Eltern nicht zahlen. Wenn das Kind bzw. die Kinder jedoch über genug Einkommen und Vermögen verfügen, muss Unterhalt gezahlt werden. Geschwister teilen sich die Pflegekosten, sofern sie dazu in der Lage sind.
Wie berechnet sich der Elternunterhalt?
Der zu zahlende Elternunterhalt berechnet sich aus dem durchschnittlichen Nettogehalt von 12 zusammenhängenden Monaten vor Unterhaltseintritt. Von diesem Gehalt werden Posten wie die Krankenvorsorge, berufsbedingte Aufwendungen oder Darlehensverbindlichkeiten abgezogen.
Von diesem bereinigten Nettoeinkommen wird schließlich noch der Selbstbehalt, ein feststehender Wert, der nicht dem Unterhalt zugerechnet werden darf, abgezogen. Bei Alleinstehenden liegt dieser Wert bei 1.800 Euro, bei Familien bei 3.240 Euro. Nach Abzug des Selbstbehalts wird die Hälfte des errechneten Betrags als Elternunterhalt gezahlt.
Grenzen der Vermögensverwertung im Pflegefall
Im Pflegefall muss nicht das ganze Vermögen für die Pflege eingesetzt werden. Ein Schonbetrag darf als Vermögensreserve behalten werden. Dieser beträgt 5.000 Euro, bei verheirateten Paaren 10.000 Euro.
Zusätzlich besteht ein Schonvermögen, dieses setzt sich aus Reserven für Alterssicherung, Urlaub oder Reparaturen am Haus zusammen. Auch die eigene Immobilie kann als Schonvermögen zählen, wenn sie als angemessen für den Bedarf gewertet wird. Ist dies der Fall, ist es nicht nötig, beim Pflegefall das Haus zu verkaufen.
Fazit: So reagiert man bei einem plötzlichen Pflegefall
Wenn ein plötzlicher Pflegefall auftritt, muss vieles beachtet werden. Das Wichtigste ist, dass bedarfsgerecht Hilfe organisiert und Unterstützung beantragt wird. Damit auf Leistungen der Pflegekasse zurückgegriffen werden kann, muss ein Pflegegrad beantragt werden. Auch über die Wahl der Pflegeform, sollten sich alle Beteiligten Gedanken machen.
Bei Eintritt eines plötzlichen Pflegefalls kann man sich bei Pflegestützpunkten oder der Pflegekasse beraten lassen, Unterstützung in Form stundenweiser Verhinderungspflege oder Betreuung findet man z. B. über Pflegix. Auch haben Angehörige bei einem plötzlich eintretenden Pflegefall neue Rechte, wie die kurzfristige Arbeitsverhinderung.
Reichen Einkommen und Vermögen des Pflegebedürftigen nicht aus, um die Pflege zu finanzieren, müssen Angehörige einspringen. Bei einem Pflegefall der Eltern müssen die Kinder Elternunterhalt zahlen. Dies allerdings nur im Rahmen der Leistungsfähigkeit. Somit ist es z. B. eher unüblich, dass wegen eines Pflegefalls das Haus verkauft werden muss.