++ Dieser Artikel wird regelmäßig aktualisiert. Letzte Aktualisierung: 26.10.2021 ++
Im Zuge der Corona-Pandemie sind die Belastungen im Bereich der häuslichen Pflege deutlich gestiegen. Um Pflegebedürftige sowie deren Angehörige bei der Organisation der Pflege zu Hause zu unterstützen, hat die Bundesregierung bereits im letzten Jahr einige Sonderregelungen beschlossen, die nun bis zum Jahresende 2021 verlängert wurden. Wir fassen für Sie zusammen, welche Pflegeleistungen von den Änderungen betroffen sind und bis wann diese gelten.
Änderungen beim Entlastungsbetrag
Der Entlastungsbetrag nach § 45 SGB XI steht monatlich Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 1 bzw. pflegenden Angehörigen in Höhe von 125 Euro zur Nutzung zur Verfügung. Insgesamt können Betroffene somit 1.500 Euro pro Jahr für Angebote zur Unterstützung im Alltag nutzen.
Seit der zunehmenden Belastung durch die Corona-Situation haben sich mehrere Änderungen in Bezug auf die Nutzung des Entlastungsbetrags ergeben. Folgende gesetzliche Änderungen wurden seitens Bundesregierung verlängert:
Anspar-Möglichkeit verlängert
Für nicht oder nicht vollständig in Anspruch genommene Entlastungsleistungen aus den Jahren 2019 und 2020 besteht weiterhin die Möglichkeit, das Geld nachträglich abzurufen. Diese Möglichkeit des Ansparens soll noch bis zum 31. Dezember 2021 für alle Pflegegrade gelten. Nach diesem Zeitpunkt verfällt der Anspruch auf nicht genutzte Beträge.
Leistungsangebot erweitert
Regulär kann der Entlastungsbetrag ausschließlich für Leistungen verwendet werden, die nach jeweiligem Landesrecht zugelassen sind. Bis zum 31. Dezember 2021 können Betroffene diesen Betrag auch anderweitig verwenden, wenn es aufgrund von Corona zu Versorgungsengpässen kommt. Dazu gehören z.B. auch Unterstützungen im Alltag wie im Bereich der Einkaufs- oder Nachbarschaftshilfe sowie Botengänge oder die Begleitung zu Arztbesuchen. Dazu müssen die leistungsausführenden Personen aktuell keine bestimmte Qualifikation vorweisen.
Flexibilisierung von Pflegezeit & Familienpflegezeit
Mit dem neuesten Beschluss des Bundestags vom 29. Juni 2021 wurden die Akuthilfen im Bereich der Pflegezeit und Familienpflegezeit bis zum 31. Dezember 2021 verlängert. Somit können pflegende Angehörige, die einer Berufstätigkeit nachgehen, leichter von der Arbeit freigestellt werden. Das sind die konkreten Maßnahmen im Überblick:
Längere Freistellung von der Arbeit möglich
Tritt in der Familie ein plötzlicher Pflegefall ein, haben pflegende Angehörige bis zum 31. Dezember 2021 die Möglichkeit der Freistellung von der Arbeit für bis zu 20 Arbeitstage statt der ursprünglichen 10, um die bedarfsgerechte Versorgung des pflegebedürftigen Angehörigen sicherzustellen.
Nutzung von Pflegeunterstützungsgeld erweitert
Außerdem wurden die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Pflegeunterstützungsgeldes um coronabedingte Versorgungsengpässe erweitert.
Der Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld gilt bis zum 31. Dezember 2021 insbesondere dann, wenn
-
die Versorgung des Angehörigen bedingt durch die Corona-Situation nicht übernommen werden kann,
-
kein anderweitiger Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht, oder
-
die Organisation oder Versorgung nicht auf andere Weise sichergestellt werden kann.
Mit dem zweiten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung wird das Pflegeunterstützungsgeld somit auch gezahlt, “wenn eine Versorgungslücke bei der Pflege zu Hause entsteht (weil z.B. eine Pflegekraft ausfällt oder ein ambulanter Pflegedienst schließt)”, so heißt es aus dem Bundesgesundheitsministerium.
Darüber hinaus können Beschäftigte bei einer Freistellung von der Arbeit das Pflegeunterstützungsgeld bis zu 20 Arbeitstage statt der regulären 10 in Anspruch nehmen.
Flexiblere Ankündigung der Arbeitsverhinderung
Vor Beginn der Corona-Pandemie musste die Freistellung im Rahmen der Familienpflegezeit dem Arbeitgeber spätestens acht Wochen vor dem geplanten Beginn der Teilzeitarbeit angemeldet werden. Diese Frist wurde an die 10-Tage-Regelung der Pflegezeit angepasst und soll bis zum 31. Dezember 2021 gelten. Bis dahin bleibt auch die Möglichkeit der Ankündigung einer pflegefallbedingten Arbeitsverhinderung per E-Mail bestehen.
Höheres zinsloses Darlehen für Beschäftigte
Das zinslose staatliche Darlehen wird auf monatlicher Basis ausgezahlt und deckt grundsätzlich 50 Prozent des Nettogehalts der Beschäftigten ab. Mehr Infos dazu finden Sie in unserem Beitrag zum Thema (Familien-)pflegezeit.
Wenn jedoch beispielsweise aufgrund von coronabedingter Kurzarbeit das Nettogehalt vorübergehend geringer ausfiel, können solche Monate auf Antrag bei der Ermittlung der Darlehenshöhe unberücksichtigt bleiben. Auch diese Regelung gilt bis zum 31. Dezember 2021.
Hinweis: Nach Ablauf dieser Sonderregelungen können Beschäftigte verbleibende Restzeiten ihrer Freistellungsansprüche noch bis zu 24 Monate später in Anspruch nehmen.
Erhöhung der Zuschüsse für Pflegehilfsmittel
Im Zuge der Preiserhöhungen von Pflegehilfsmitteln durch die Corona-Pandemie wurde die Pflegehilfsmittelpauschale von 40 auf 60 Euro monatlich angehoben. Diese Änderung bleibt gemäß des Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetzes (GPVG) bis zum 31. Dezember 2021 bestehen.
Zur Info: Zu den Pflegehilfsmitteln zum Verbrauch zählen Hygieneprodukte, wie z.B. Desinfektionsmittel, Einweghandschuhe, Mund-Nasen-Schutz, usw. Voraussetzung für den Anspruch auf Pflegehilfsmittel ist, dass die Versorgung im eigenen Zuhause stattfindet und der Pflegebedürftige einen Pflegegrad hat.
Beratungsbesuche & Pflegegrad-Begutachtung
Wer als Pflegebedürftiger ab Pflegegrad 2 zu Hause versorgt wird und Pflegegeld bezieht, muss in regelmäßigen Abständen Beratungsbesuche durchführen. Bedingt durch die Corona-Situation können Beratungsgespräche auch digital per Video-Chat oder telefonisch durchgeführt werden. Diese Regelung gilt bis zum 31. Dezember 2021.
Ähnlich verhält es sich bei der Pflegegrad-Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankeversicherung (MDK) bzw. den medizinischen Dienst der privaten Krankenversicherungen (MEDICPROOF). Die Feststellung des Pflegegrades kann bei entsprechender Einschätzung des MDs für ein erhöhtes Ansteckungsrisiko auch per Telefoninterview erfolgen.
Alternativen: Tages-, Verhinderungs- oder Kurzzeitpflege
Nicht von der Gesetzesänderung betroffen, aber weiterhin für die bedarfsgerechte Versorgung pflegebedürftiger Angehöriger nutzbar, sind die Leistungen der Tages-, Verhinderungs- oder Kurzzeitpflege:
Die Tagespflege ist eine Form der teilstationären Pflege, bei der der Pflegebedürftige tagsüber stationär, wie z.B. in einer speziellen Tagespflegeeinrichtung, betreut wird. Abends kehrt er in sein heimisches Umfeld zurück und verbringt dort auch die Nacht. Anspruch auf eine teilstationäre Betreuung im Rahmen der Tagespflege haben alle Pflegebedürftigen der Pflegegrade 2 bis 5.
Sie sind pflegender Angehöriger und benötigen eine Auszeit vom Pflegealltag, wollen Urlaub machen oder fallen krankheitsbedingt aus? Die Verhinderungspflege ist eine Art Ersatzpflege, die dazu dient, pflegende Angehörige zu entlasten. Ihnen wird eine Pause eingeräumt, wenn Sie für einen gewissen Zeitraum die häusliche Pflege nicht übernehmen können. In diesen Fällen wird eine Ersatzpflegeperson benötigt, die die Pflege und Betreuung übernimmt. Diese sogenannte Verhinderungspflege kann für einen Zeitraum von insgesamt 6 Wochen (42 Tage) im Jahr geltend gemacht werden.
Bei der Kurzzeitpflege handelt es sich wie bei der Verhinderungspflege um eine Übergangspflege. Die Kurzzeitpflege bezeichnet jedoch die vorübergehende vollstationäre Pflege eines Pflegebedürftigen, während die Verhinderungspflege ambulant und/oder teilstationär durchgeführt werden kann.
Fazit: Mehr Entlastung in der ambulanten Pflege während Corona
Um die häusliche Versorgung von Pflegebedürftigen sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für pflegende Angehörige während der anhaltenden Corona-Pandemie zu erleichtern, hat die Bundesregierung bereits im letzten Jahr mehrere Änderungen bezüglich des Anspruchs auf Pflegeleistungen beschlossen und die Fristen nun bis zum Jahresende 2021 verlängert.
Von der Verlängerung sind Leistungen des Entlastungsbetrags sowie die Regelungen der Pflegezeit und Familienpflegezeit und die Pauschale für Pflegehilfsmittel betroffen. Die erwähnten gesetzlichen Anpassungen sollen vorerst noch bis zum 31. Dezember 2021 gelten. Wir halten Sie über etwaige Neuerungen regelmäßig auf dem Laufenden.
Quellen:
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/C/Coronavirus/Verordnungen/Verordnungsentwurf_Verlaengerung_Massnahmen_pflegerische_Versorgung_SARS-CoV-2.pdf
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/versorgungsverbesserungsgesetz.html
https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/corona-pandemie/informationen-fuer-pflegende-angehoerige
https://www.wege-zur-pflege.de/corona
https://www.mds-ev.de/themen-des-mds/corona-pandemie-und-pflege/tipps-fuer-pflegebeduerftige.html
https://www.verbraucherzentrale.nrw/aktuelle-meldungen/gesundheit-pflege/entlastungsleistungen-fuer-die-pflege-frist-bis-30092021-beachten-53791